Mein Auslöser und Diagnose

Ich mag mich noch sehr gut an diesen Tag erinnern, als ob es gestern gewesen wäre. Schon 18 Jahre her, wie die Zeit vergeht. Ich war damals gerademal 26 und befand, wie ich meinte in der Blüte meines Lebens. Ich bin ein Jahr zuvor Vater eines gesunden Jungen geworden. Beruflich steckte ich in der Selbständigkeit, fuhr nebenbei noch LKW, alles war gut.

 

Es war November im Jahr 1999 und wie so viele in dieser Zeit, fing ich eine üble Grippe ein. Bis zu diesem Zeitpunkt war ich eigentlich wenig krank, doch diese Grippe hat mich regelrecht umgehauen. Ich bekam starkes Fieber mit Temperaturen um die 40 Grad. Noch nie gehabt vorher, aber was danach geschah, veränderte mein Leben nachhaltig. Ich hatte grösste Mühe das Fieber zu senken, suchte meinen damaligen Hausarzt auf und er verschrieb mir Antibiotikum und sonstige Medikamente. Ich habe alles genommen, nur dass es mir wieder schnell besser ging. Das hohe Fieber hielt eine ganze Woche an und schliesslich ab etwa Tag 5 fiel die Temperatur endlich wieder langsam in den normalen Bereich. Die Grippe war endlich überstanden, ich wurde wieder fit und konnte meiner Arbeit voll und ganz nachgehen. Alles war wieder gut und beim Alten.

 

Doch dann, etwa 2 Wochen nach meiner überstandenen Grippe, kam der Tag X der alles veränderte. An diesem Tag musste ich früh raus, da ich eine LKW Tour vor mir hatte. Es war für mich nicht so aussergewöhnlich, somit ein normaler Arbeitstag. Ich Frühstückte, rauchte eine Zigarette, schlang den Kaffee herunter und los ging es. Ich fühlte mich gut und fit, startete den Tag, fuhr los und begann zu arbeiten. Es verlief alles reibungslos und ohne Zwischenfälle. Es wurde Mittag, meine erste Tour war fertig und ich parkte mein LKW auf einem grossen Parkplatz und ging in ein Restaurant Mittag essen. Ich glaube noch zu wissen was ich gegessen habe, nämlich ein grüner Salat, dazu etwas Brot, Bratwurst mit Rösti und Zwiebelsauce. Ich habe eine Stunde Pause gemacht, setzte mich wieder in den LKW und fuhr los. Mit Ziel: Schaffhausen.

 

 

 

 

 

Davonfliegen möchte ich. Einfach nur weg.

Foto: RaLa

Etwa nach einer halben Stunde Fahrt bekam ich plötzlich wahnsinnig starken Durst. Ich hielt bei einem Shop an und kaufte Getränke. Nicht Wasser, sondern Süssgetränke, denn ich wollte nur süsses. Viel süsses. Der Drang war extrem stark. Ich hatte das Gefühl ich könnte eine ganze Badewanne Süssgetränk trinken. Es wurde mir immer schlechter. Wenn ich meinen Kopf drehte, zog es so komisch nach, ähnlich wie Schwindel, alles verschwommen. Ich fuhr also mit dem LKW auf der Autobahn, trank unendlich viel und etwa 15 Minuten später musste ich wieder anhalten und Getränke kaufen, gleichzeitig war der Klogang angesagt. Ist ja logisch, alles was man oben hinein gibt, muss ja wieder raus. Mein Durst stillte es nicht. Ich habe gegrübelt und gegrübelt was das sein könnte, hatte aber keine Idee. Es wurde nun zur regelrechten Qual. Ich habe soviel getrunken, dass ich ständig pinkeln musste. Immer wieder anhalten, raus und wasserlösen. Es ging soweit, dass ich nicht mehr einfach anhalten konnte, da ich mit diesem grossen LKW unterwegs war und pinkelte während der Fahrt direkt in eine leere Flasche. Mehr schlecht als recht. Es war der absolute Horror. Ich bekam richtig Panik. Zum Glück gab es damals schon Mobilfunktelefone und ich rief meine Mutter an. Sie hatte so ein dickes Gesundheitsbuch, da stand fast alles drin. Ich schilderte ihr kurz die Symptome. Sie guckte nach und hat mich etwa 15 Minuten später zurückgerufen. Sie hat mir mitgeteilt, dass es Zucker sein könnte.

 

Zucker?? Was ist das denn, fragte ich mich. Meine Mutter meinte ich solle sofort meinen Hausarzt kontaktieren, was ich dann auch tat. Ich bekam am selben Abend einen Termin. Doch ich musste noch irgendwie den Tag durchstehen. Es war schlimm alles und ich kann heute nicht mehr genau sagen wie ich den restlichen Tag bis zum Arzttermin durchgestanden habe. Irgendwie wohl. Nach der Arbeit ging ich direkt zum Arzt, liess mich checken und erzählte ihm von meinen Symptomen. Er nahm Blut und machte die üblichen Untersuchungen. Es war niemand mehr in der Praxis, draussen war es dunkel und ich sass da alleine im Wartezimmer und tausend Gedanken schossen mir durch den Kopf. Die Angst stieg in mir hoch, ich fühlte mich schrecklich und dann noch diese Warterei bis das Ergebnis endlich auf dem Tisch lag. Ich vergesse diesen Augenblick mein Leben lang nicht mehr. Ich bin da auf dem Stuhl gesessen, kein Mensch weit und breit, alles ruhig und dann ging die Türe auf, der Arzt trat ein, schaute mich mit ganz finsterer Miene an und teilt mir mit, dass ich Zucker habe. Ich wusste nicht wie mir geschah, hatte keine Ahnung was er meinte und fragte nach. Ich dachte ich müsste sterben, mein Leben ist vorbei. Der Arzt hat mich kurz und relativ emotionslos aufgeklärt und teilte mir mit, dass mein Blutzuckerwert um ein vielfaches zu hoch sei und er mir jetzt eine Spritze setzt.

 

 

 

 

 

 

 

 

Ein langer Weg liegt vor mir, doch ich beschreite ihn und schaue vorwärts.

 

Foto: RaLa

Ich war völlig von der Rolle und wie gelähmt und liess mir die Spritze geben. Was er gespritzt hat? Keine Ahnung in diesem Moment. Er hat mir eine Nummer notiert und mir gesagt ich solle mich am nächsten Morgen da melden. Sie könnten mir helfen und mich genauer aufklären. So habe ich erfahren, dass ich an Diabetes leide. Irgendwie nicht so toll, sehr unpersönlich.

 

Ich ging dann nach dem Arzttermin direkt nach Hause, war müde von diesem irren Tag und durch den Wind. Meine damalige Freundin hat schon auf mich gewartet und ich habe ihr alles erzählt. Wir waren wirklich sehr geschockt und ich wusste in diesem Moment einfach nicht was los war. Wie soll ich das verarbeiten? Tausend Gedanken im Kopf.  Die Geschichte geht jetzt aber noch weiter.

 

Etwa eine Stunde nach dem Besuch beim Arzt fingen bei mir Krämpfe in den Zehen an. Es fing am linken Fuss an, zog sich das Bein hoch, dann das andere Bein. Ich bekam Panik, weil ich es nicht wegkriegte. Schweissausbrüche und zucken kamen hinzu. Ich schrie herum, stolperte ins Bad und lag auf dem Boden. Die Krämpfe wurden immer stärker, mittlerweile hatte es auch meinen Oberkörper und meine Arme erreicht bis in die Fingerspitzen. Tränen stiessen mir aus den Augen. Überall schmerzen und ich konnte mich kaum mehr bewegen. Ich flehte meine damalige Freundin an mir zu helfen, doch sie wusste auch nicht wie. Sie versuchte den Arzt zu erreichen bei dem ich zuvor war um ihm zu sagen, er solle vorbei kommen. Doch der winkte ab und meinte, dass sei nur eine Art Schockreaktion wegen der Diagnose die er mir gegeben hatte. Also rein psychisch, so ein quatsch, dachte ich. Ich solle einfach ruhig atmen und mich beruhigen. Er habe mir Insulin gespritzt und das pendelt sich wieder ein. Hallo? Ich drehte fast durch, windete mich am Boden, versuchte ruhig zu werden, aber die Krämpfe waren so stark und der Arzt nimmt sich nicht mal die Zeit vorbei zu schauen.

 

Meine Freundin machte mir kalte Wickel und wickelte meine Beine damit ein, kühlte mich. Denn ich verbrannte fast, zumindest fühlte sich das so an. Meine Partnerin rief dann einen Alternativ-Mediziner an, der ein Dorf weiterwohnte und bat ihn vorbei zu kommen um zu helfen. Mittlerweile lag ich schon fast 3 Stunden auf diesem Fliessenboden im Bad, da kam der Mediziner, dessen Namen habe ich leider vergessen. Er versuchte meine Krämpfe vorsichtig zu lösen und gab mir so kleine weisse Kügelchen. Ich merkte wie sich langsam alles etwas entspannte und löste. Dann trugen Sie mich ins Bett und ich konnte immer mehr entspannen. Danach bin ich eingeschlafen. So war mein Erlebnis, von da an war klar, dass ich mein restliches Leben als Diabetiker leben muss. Völlig am Ende.

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